Flugmodellbau
  Seitenleitwerke
 
 Stand: 03.11.2021

Seit ich Flugmodelle selbst konstruiere, das heißt seit fast 55 Jahren versuche ich Unterlagen über die Größe des Seitenleitwerkes zu finden, jedoch waren meine bisherigen Erfolge gleich Null. Bedingt durch meine Versuche mit negativ gepfeilten Nurflügeln musste ich auch die Größe des erforderlichen Seitenleitwerkes ermitteln, wobei ein zu kleines Seitenleitwerk zur Folge hat, dass das Modell sich plötzlich um die Hochachse dreht und wie ein welkes Blatt zu Boden fällt. Bei nur gering zu kleinem Seitenleitwerk kann dies auch irgendwann bei einer kleinen Bö passieren. Mir ist es bei Balsagleitern schon vorgekommen, dass diese etliche gute Flüge zustande brachten, aber dann nach einigen Metern Geradeausflug und einem geringen, seitlichen Windstoß sich urplötzlich um die Hochachse drehten und dann zu Boden torkelten.

Bei zu großen Seitenleitwerken ist die Richtungsstabilität zu groß, was große Ruderausschläge mit erheblichem Widerstand zur Folge hat, ferner kann es hierbei auch zu Spiralstürzen kommen. Bei zu großen Seitenleitwerken ist der Widerstand wie auch das Gewicht zu groß, so dass vor dem Schwerpunkt wiederum ein höherer Ballast eingebaut werden muss. Aus diesen Gründen ist ein passendes Seitenleitwerk für ein Modellflugzeug unerlässlich.

Meine Versuche habe ich mit jeweils etwa 50 cm Spannweite messenden Balsagleitern durchgeführt, wobei die einzelnen Teile mittels Schablonen ausgeschnitten wurden, so dass absolut gleiche und passgenaue Teile entstanden.Bei den Versuchen habe ich das Seitenleitwerk so lange verkleinert, bis kein stabiler Flug mehr möglich war.

Hierbei habe ich die Seitenleitwerksfläche, wie von mir bereits in den 60 iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts praktiziert und in meinen Vorträgen auch dargestellt, nach der Methode des Flächenträgheitsmomentes, vor und hinter dem Schwerpunkt, errechnet. Bei dieser Methode wird die Einzelfläche mit dem Abstand von Flächenschwerpunkt der jeweiligen Einzelflächen bis Modellschwerpunkt mit der Fläche, multipliziert und die Einzelmomente addiert. Dies ergibt das Flächenträgheitsmoment, Fläche mal Abstand vom Drehpunkt. Dann wird der Wert des Flächenträgheitsmomentes hinten dem Schwerpunkt mit dem Wert des Flächenträgheitsmomentes vor dem Schwerpunkt dividiert. Der sich dann ergebende Wert ist für mich das Stabilitätsmaß um die Hochachse. Bei vielen durchgerechneten Freiflug- Segelflugmodellen musste ich feststellen, dass dieser Wert bei 8,5 bis 9,0 liegt. Bei RC-Seglern liegt er etwas höher, bei Werten von 10,0. Woher ich diese Methode habe, kann ich nicht mehr sagen, ich habe diese jedoch nicht erfunden. Diese Werte gelten nur für eigenstabil fliegende Segelflugmodelle. Bei Motormodellen habe ich keinerlei Erfahrung. Kunstflugmodelle dürfen in dieser Hinsicht nicht so hohe Eigenstabilität besitzen um eine entsprechende Steuerbarkeit zu gewährleisten, wobei hier die Werte geringer sein müssen.

Bei den von mir durchgeführten Versuchen musste ich feststellen, dass diese Werte bei Flugmodellen ohne Pfeilung in etwa zutreffend sind. Kleinere und auch größere Seitenleitwerke haben dies klar bestätigt. Bei zu kleinen Leitwerken war kein stabiler Flug mehr zu erreichen und bei größeren Leitwerken musste mehr Ballast zugegeben werden, wodurch die Flugleistung sank. An der Richtungsstabilität war bei den kleinen Balsagleitern, bei richtig dimensionierten oder zu großen Leitwerken kein Unterschied zu erkennen. Bei Normalflugmodellen musste ich feststellen, dass bei positiver Pfeilung der Tragflächen das Leitwerk kleiner werden kann, bei negativer Pfeilung tritt der gegenteilige Fall ein, das Seitenleitwerk muss größer werden. Auch die Streckung der Tragfläche hat Einfluss auf die Seitenleitwerksgröße, so musste ich bei geringer Streckung das Leitwerk wesentlich größer bemessen als bei großer Streckung. Dies konnte ich bei Nurflügelmodellen sehr konkret nachweisen, wobei diese ab einer gewissen Pfeilung überhaupt kein Seitenleitwerk mehr benötigen, bei negativer Pfeilung sind jedoch sehr große Seitenleitwerke erforderlich. Bei Änderung der V – Form konnte ich keine Unterschiede feststellen. Auch bei Entenmodellen, wie bei schwanzlosen Modellen gelten diese Werte in etwa.
 

Meine Aerodynamik – Bücher habe ich mal auf des Thema „Größe des Seitenleitwerks“ durchgestöbert, mit einem sehr miserablen Erfolg.


 

E:W Schmitz: „Aerodynamik des Flugmodells“---nichts

John E. Allen: „Aerodynamik“---nichts

H. Langkrär: „Aerodynamik“---nichts

M. Simon: „Flugmodell – Aerodynamik“ hält von Pappschablonen -Methode nichts, sondern erläutert lediglich die Auswirkung zu großer und zu kleiner Seitenleitwerke und setzt die Größe in Bezug auf die V – Form.

Schulze/Löffler/ Zenker: „Modellflug in Theorie und Praxis“ hat die gleiche Methode wie ich, bezeichnet das Verhältnis von Fläche vor und hinter dem Schwerpunkt als Stabilitätsfaktor und gibt eine Größe von – bis an.

A. Gymnich: „Segelflug – Modellbau“ spricht lediglich von der Windfahnenwirkung und allgemeine Betrachtung.

Dubs: „Aerodynamik der reinen Unterschallströmung“---nichts.

F. Seidler: „Die Stabilität in der Flugmechanik“ schreibt: Die Wirksamkeit des Seitenleitwerkes muss ausreichend sein.

Lnenicka/Janovec: „Aerodynamik der Motor Flugmodelle“ ---Der Autor berechnet einen bestimmten Höhenleitwerksfaktor aus der Seitenleitwerksfläche, dem Hebelarm des SLW, der Gesamtfläche und der Spannweite der Tragfläche.

Karl Nickel, Michael Wohlfahrt: "Schwanzlose Flugzeuge" Die Autoren benutzen ebenfalls die vorgenannte Formel und beschreiben in dem Abschnitt noch die Leitwerksgröße von gebauten Flugzeugen.

M. Marmotti: „Leitfaden der Aerodynamik“ Dieser Autor geht davon aus, dass die Seitenleitwerksfläche 0,1 bis 0,2 der Tragfläche betragen muss.

K. Schütt: „Einführung in die Physik des Fliegens“ ---nichts

K. Weltner: „ Flugphysik“----nichts

M. Boog:Flugpysik in der Sekundarstufe I“ ---nichts

Niedersächsisches Landesinstitut für Lehrerfortbildung: „ Flugtechnik im Unterricht“ Hier wird nur von der erforderlichen Windfahnenwirkung gesprochen

K. Müller: „Handbuch für den Flugmodellbau“ nichts

B. Huber: „Konstruktionsbuch für R/C-Flugmodelle“ auch hier wird von der Windfahnenwirkung gesprochen

W. Herbst: „Das schwanzlose Segelflugzeug mit Vorpfeilung“ hier wird lediglich erwähnt: Der vorgepfeilte Flügel ist richtungsinstabil, der Pilot muss dauernd steuern, um eine Richtung einzuhalten. Abhilfe bringt ein entsprechend dimensioniertes Seitenleitwerk.

Thermiksense Sonderheft: „Aerodynamik“ nichts.

K. Weltner: „Physik Fliegen und Flugzeuge“ nichts

B. Heepmann: „Flug und Fliegen“ nichts

K. Rehmann: „Einführung in die Flugphysik, Flugtechnik und Flugpraxis“ nichts

M. Marmotti: „Grundlagen des Modellflugsports“ lediglich Verweis auf die Windfahnenwirkung.

F. Perseke: "Das Segelflugmodell" 1. Teil Grundlagen-Theorie-Profilsammlung: "das Seitenleitwerk muss die richtige Größe haben". 

Werner Thies: "Handbuch für den Modellflug", Band 1. In diesem Buch ist sehr umfangreich mit Nomogrammen und Stabilitätsfaktoren gearbeitet, jedoch gelten alle Werte nur für ein Normalmodell ohne Pfeilung und normal großem Rumpf. Für Sonderformen gelten alle diese angegebenen Werte nicht.

Dr. Ing. habil. W. Just und Dipl. Ing. X. Hafer: "Seitenstabilität und Seitensteuerung". In diesem Buch ist die Berechnung von Seitenleitwerken sehr explizied dargestellt. Jedoch gelten die Grundlagen nur für normale Flugzeuge und sind nicht auf Enten, Nurflügler oder negativ gepfeilte Flugzeuge anzuwenden. 

A.C. Kermode: "Technik des Fliegens". Hier ist lediglich von einer "Wetterfahnenwirkung" die Rede welche nach den Erfordernissen der Richtungsstabilität festzulegen ist.

Somit war die Recherche in fast allen Büchern nicht nur gleich Null, sondern absolut Null.

Aus diesem Grunde stelle ich dieses Thema in den Raum und bitte um Mitteilung, wenn etwas doch irgendwo etwas konkretes veröffentlicht ist.

 
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