Flugmodellbau
  Artikel FMT 2
 
Stand: 03.11.2021

Artikel von Heinz Unger, Verstorben 2017

Experimental - Modellflug

Beiträge und Berichte zur Forschungsarbeit im Modellflug

Nr. 2 . Februar 1969 . 4. Jahrgang


 

Weitere Flugversuche

mit einem vorgepfeilten RC – Nurflügel


 In meinem Aufsatz "RC-Nurflügel mit Vorpfeilung" in Folge 150 „Flug + Modell-technik“ hatte ich über die ersten Flugversuche mit einem solchen Modell berichtet. Da ich diese Versuche seinerzeit mit einer geliehenen RC-Anlage ausgeführt habe, musste ich mit sehr großer Vorsicht zu Werke gehen, um die Anlage nicht aufs Spiel zu setzen.

Für die weiteren Versuche habe ich das in Folge 150 in der Übersichtsskizze dargestellte Modell gebaut, das mit einer Grundig Varioprop 6-Kanal - Anlage ausgerüstet wurde. Die größere Tragfläche und Flügelstreckung brachten gegenüber dem Vorgängermodell eine etwas geringere Geschwindigkeit und bessere Gleitwinkel. Wegen der größeren Streckung verlagerte sich der Auftriebsmittelpunkt etwas nach vorn, wodurch der Rumpf für den erforderlichen Gewichtsausgleich um 100 mm verlängert werden musste.


 



 

Abb. 1 - Verlauf der Rumpfumströmung in der Linkskurve bei großem Schiebewinkel.


 

Da mich die Flugeigenschaften solcher Modelle vor allem auch im Hinblick auf bemannte Segler interessierten, habe ich eine den bemannten Seglern entsprechende Rumpfgestaltung gewählt. Mir war dabei klar, dass sich gegenüber den bisher gebauten Magnetseglern wegen der voluminösen Rümpfe Änderungen in den Flugeigenschaften ergeben mussten. Leider habe ich diese Rumpfeinflüsse erheblich unterschätzt.

Im ungesteuerten Flug verhält sich das Modell absolut normal, d. h. es fliegt völlig eigenstabil. Wird jedoch mit dem Seitenruder z. B. eine Linkskurve eingeleitet, so dreht das Modell zunächst nach links, kippt dann nach hinten und anschließend über den linken Flügel ab. Bei eingeleiteter Rechtskurve spielt sich der gleiche Vorgang nach rechts ab. Die Folge waren bisher Flügelbrüche auf beiden Seiten. Dieses Verhalten ist folgendermaßen zu erklären: Beim Einleiten einer Kurve mit dem Seitenruder gerät das Modell in einen Schiebefluqzustand. Bei einer Linkskurve wird das Modell dann schräg von rechts vorn angeblasen. Bei kleinen Schiebewinkeln, wie sie im ungesteuerten Flug auftreten, bleibt dabei die Strömung an beiden Seiten des Rumpfes anliegend. Bei den durch Seitenruderausschlag hervorgerufenen größeren Schiebewinkeln jedoch bildet sich im Fall e der Linkskurve an der linken Rumpfseite eine größere Wirbelzone aus, die den Auftrieb über dem rumpfnahen Teil der linken Tragfläche stört. Da dieses Teil des Flügels hinter der Querachse liegt, kippt das Modell zunächst nach hinten und anschließend über die linke Tragfläche (Abb. 1). Diese Abkipptendenz nimmt mit steigenden Anstellwinkeln zu. Um diese Abreißvorgänge auszuschalten, soll am derzeitigen Rumpf das Seitenleitwerk vergrößert, das Seitenruder jedoch verkleinert werden. Dadurch werden die möglichen Schiebewinkel verringert. Zwangsläufig wird damit natürlich auch der Kurvenradius vergrößert, solange die Kurven nur mit Seitenleitwerk geflogen werden können. Auf die Verwendung von Querrudern habe ich aber zunächst ganz bewusst verzichtet, weil sie zusätzliche einseitige kopf- oder schwanzlastige Momente erzeugen können sofern diese Momente, auf die Querachse bezogen, nicht Null sind. Man kann deshalb die Lage der Querruder erst dann genau festlegen, wenn man die Lage der Modellquerachse genau kennt.

Eine weitere Möglichkeit zur Vermeidung der Abkippneigung besteht im völligen Umbau des Modells entsprechend Abb. 2. Der Rumpf würde hier die Form eines langgestreckten Deltaflügels annehmen. Da solche Gebilde aber sowohl größeren Auftrieb als auch stärkere Kippmomente als normale Rümpfe erzeugen können, müssen Einstellwinkel und Profilierung eines solchen Rumpfes gegenüber


 



 


 

Abb. 2 - Vorgepfeilter Nurflügel mit deltaförmigem Rumpf


 

dem restlichen Flügel so gewählt werden, das er sich auf die Länqsstabilität nicht destabilisierend auswirkt. Als letzte Möglichkeit bleibt eine radikale Verkleinerung des Rumpfquerschnitts und damit eine konstruktive Annäherung an meine bisherigen Magnetsegler.

Ich habe diese Versuchsarbeiten hier deshalb so ausführlich geschildert, um allen denjenigen. die bisher vergeblich auf den angekündigten Großbauplan gewartet haben, die Gründe aufzuzeigen, warum dieser bisher noch nicht erschienen ist. Ich gebe zu, dass ich mir nach den guten Erfahrungen mit vorgepfeilten Magnetseglern die Entwicklung eines entsprechenden RC-Modells etwas einfacher vorgestellt hatte. Wenn ein solches Modell auch nicht für Anfänger gedacht ist, so sollten seine Flugeigenschaften doch so gutmütig sein, dass jeder einigermaßen erfahrene RC-Flieger damit umgehen kann, ohne dass die kostbaren RC-Anlagen Schaden erleiden. Das Problem ist zweifellos unter Einsatz von etwas Zeit, Mühe und auch Geld ebenso lösbar, wie es das der vorgepfeilten Magnetsegler war.


 

Heinz Unger


 


 


 


 


 

 
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